Ideenfundus – ein Projekt des Deutsch-Polnischen Jugendwerks (DPJW)
Was tun gegen Hassparolen?
Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten
Vorbereitung
Zettel und Stifte für alle Teilnehmenden bereithalten.
Durchführung
1. Die Übung beginnt im Plenum. Die Teilnehmenden erhalten Zettel, auf denen sie diskriminierende Aussagen oder Situationen aufschreiben, die sie selbst gehört oder miterlebt haben oder die ihnen z. B. in den Medien begegnet sind. Die Zettel geben sie der Spielleitung. Dieser Teil kann auch zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen, z. B. nach einer vorbereitenden Einheit über Diskriminierung, um so die nächste Erfahrungsebene des Themas einzuführen.
2. Die Spielleitung erklärt den Teilnehmenden, dass sie sich nun in unterschiedlichen Rollen in die beschriebenen Situationen begeben sollen.
Beginn und Ende des Rollenspiels werden deutlich markiert: Zu Beginn ziehen die Teilnehmenden symbolisch eine imaginiäre Schutzweste an, die sie nach dem Rollenspiel ablegen. Auf diese Weise erfolgt eine klare Abgrenzung von der gespielten Rolle und den während der Szenen aufkommenden Emotionen.
3. Nach der Erklärung der Regeln und dem Anlegen der Weste wählen die Teilnehmenden eine von vier Rollen:
- Person, die eine diskriminierende Position vertritt (Rolle A),
- Person, die diskriminiert wird (Rolle B),
- Beobachter/-in einer Person mit der Rolle A,
- Beobachter/-in einer Person mit der Rolle B.
Es ist wichtig, dass die Wahl der Rolle völlig freiwillig ist und bestenfalls nicht mit den bisherigen Erfahrungen zusammenhängt.
Dann werden Gruppen gebildet, in denen alle vier Rollen vertreten sind. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Gruppen sprachlich zueinander passen, so dass die Jugendlichen sich auf den Inhalt konzentrieren können und nicht die Sprache im Vordergrund steht.
3. Die Gruppen losen eine oder mehrere Zettel mit diskriminierenden Aussagen/ Situationen und trennen sich räumlich.
Die Person mit der Rolle A eröffnet die Szene, indem sie die diskriminierende Aussage vom Zettel vorliest.
Die Person mit der Rolle B reagiert spontan darauf. Ihre Aufgabe ist es, Argumente und Antworten auf die verallgemeinernde und diskriminierende Bemerkung zu finden.
Aufgabe der Beobachtenden ist es, das Verhalten der Rollenspieler/-innen zu analysieren und die Übung im Falle einer Eskalation zu stoppen.
- Welche Argumente und rhetorischen Strategien werden verwendet?
- Wer hat die schwierigere Aufgabe, wenn starke Emotionen aufkommen und warum?
- Wer ist leichter zu überzeugen?
Nach einigen Minuten des Dialogs haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, die Rollen zu wechseln.
Auswertung
Auf die Szenen folgt die gemeinsame Reflexion – zuvor wird die imaginäre Schutzweste ausgezogen. Jede/-r Teilnehmende kann ihre/ seine Eindrücke mitteilen und ihre/ seine Emotionen beschreiben. Die Gruppe listet dann die beobachteten Schwierigkeiten auf und sucht gemeinsam nach wirksamen Instrumenten, um diskriminierendem Verhalten und Äußerungen entgegenzuwirken und die eigenen Fähigkeiten in diesem Bereich zu entwickeln und zu stärken.
Varianten
- Je nach Erfahrung der Gruppe kann mehr oder weniger Zeit für das Eintauchen in die einzelnen Rollen eingeplant werden.
- Im Falle längerer Szenen notieren die Beobachter/-innen, welche Argumente und Argumentationsstrategien verwendet wurden. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, einen Beobachtungsbogen vorzubereiten.
- Bei kurzen Szenen funktioniert die Zwiebelmethode statt der Vierergruppen gut. In dieser Version positionieren sich die Personen mit der Rolle A im äußeren Kreis um die ebenfals im Kreis stehenden Personen mit der Rolle B. Nachdem die Szene auf ein festgelegtes Signal vorbei ist, bewegen sich Personen im äußeren Kreis um eine vorgegebene Anzahl an Schritten in eine bestimmte Richtung und finden so einen neuen Partner für die nächste Runde.
- Möglich ist auch die Übung um die Rolle einer Person (oder mehrerer Personen) zu erweitern, die selbst nicht Ziel der diskriminierenden Aussage ist, aber auf das reagiert, was sie hört und sieht.
Hinweise
- Die Übung ist sowohl inhaltlich als auch emotional sehr anspruchsvoll und wird daher nur für Gruppen empfohlen, in denen ein ausreichendes gegenseitiges Vertrauen besteht.
- Die Übung muss zuvor mit den Jugendlichen inhaltlich vorbereitet werden. Die Teilnehmenden müssen sich darüber verständigen, welche Aussagen und Verhaltensweisen diskriminierend sind, und den gemeinsamen Willen haben, Strategien zur Konfrontation mit diesen Aussagen und Verhaltensweisen zu entwickeln.
- Nach der Vorstellung der Methode sollte darauf hingewiesen werden, dass sie für manche emotional sehr intensiv sein kann. Jede/-r Teilnehmende sollte die Möglichkeit haben, eine passive Rolle zu übernehmen oder den Raum zu verlassen.
Quelle
Deutsch-Polnisches Jugendwerk (Hrsg.): Vielfalt – lass dich inspirieren! 1. Aufl., Potsdam / Warschau 2020, S. 79–81.